Heiner Müller: Die Interviews

Dienstag
17.2.04
20.30 Uhr

Robert Griess & Thomas Schober lesen. 

Markus Quabeck spielt.

Heiner Müller(1929 – 1995) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands schreibt Müller nur noch ein Stück. Dafür äußerte er sich zunehmend in mündlicher Form. Ob mit Büchner-Preisträger Alexander Kluge oder mit Frank Raddatz – Müllers Interviews sind einsame intellektuelle Felsen in einem Meer von Dummheit.

Die Gespräche des "Finsternisexperten" und "Brecht-Nachfolgers" kreisen um die ewigen Müller-Themen Sozialismus und Utopieverlust, Barbarei und Genuß, Demokratie und Terrorismus - und natürlich immer wieder Deutschland: "Natürlich sind zehn Deutsche dümmer als 5 Deutsche." – "Es ging doch nicht um die Banane als Frucht, sondern um ein Traumsymbol mit phallischer Bedeutung." – In der BRD kommt Erotik in der Politik nur als Korruption vor." - "Außerdem hat die BRD die Versprechungen des Nationalsozialismus eingelöst. Jeder Deutsche kann mit einem Volkswagen über die Autobahn rasen, den Müll fegen rechtlose Ausländer weg, und die Bordelle sind voll mit Frauen aus Asien und Afrika." – "Heute funktionieren die 68er oder sie saufen und nehmen Drogen." – "In den Mc Donald´s-Läden sitzt doch schon einen neue Menschenrasse, die begeistert Scheiße schlürft."

Heiner Müllers Interviews gehören zum Klügsten, Bösesten und, vor allem, Witzigsten, was in den 90er Jahren in Deutschland gesprochen und gedruckt wurde. Mit seinen zahllosen Bonmots, Brecht- und Nietzsche-Anekdoten und klarsichtigen Analysen zelebriert Müller in seinen Gesprächsmonologen kleine dialektische Lehrstücke zum Nachdenken, Aufregen und Brüllen. Und vor allem: Die Interviews Heiner Müllers sind solange von zeitlos-aktuelle Diamanten des Denkens, wie es den Kapitalismus gibt.

Müller starb 1995. Nicht umsonst hat Harald Schmidt seine Show erst gestartet, als Müller nicht mehr konnte.

"Einmal sind Interviews im Grunde lästig… Das andere ist sicher, dass man in Gesprächen etwas leichtfertiger formulieren kann… Insofern sind es mehr Performances, es hat vielleicht mehr mit Theater zu tun als mit Literatur. Man produziert sich auch in dem Sinne, in dem sich Leute auf der Bühne produzieren. Außerdem ist egal, was man Gestern gesagt hat." (Heiner Müller)

Ausgewählt und gelesen werden die Interviews von Robert Griess (Kabarettist und Autor) und Thomas Schober (Regisseur und Werbetexter), Markus Quabeck begleitet am Kontrabass & Tischstaubsauger.

Der andere Buchladen. Universität / Sülz im Weyertal 32 am De-Noèl-Platz

Tel.416325; Fax.442048; 

Email: der-andere-buchladen-koeln@t-online.de

Kartenvorverkauf 3,50 €, Abendkasse 5,00 €

AutorInnen beim Anderen Buchladen

Javier Salinas (4/04)

Norbert Gries, Thomas Schober & Markus Quabeck (2/04)

Marcel Beyer & Norbert Hummelt (2/04)

Gerd Koenen (11/03)

Hans-Jürgen Wirth(11/03)

Elke Heidenreich und Michael Hansonis (11/03)

Detlev Claussen (9/03)

Otmar Hitzelberger (6/03)

Ralf Rothmann (5/03)

Tristan Egolf (5/03)

Wolfgang Nitschke & Thomas  Gsella (1/03)

Thomas Ebermann & Reiner Trampert (11/02)

Ute Maria Lerner und Mark Weigel (10/02)

Tom Holert und Mark Terkessides (10/02)

Jürgen Trittin (8/02)

Ray Loriga (6/02)

 

Der andere Buchladen – Programmbuchladen seit fast 30 Jahren – ist umgezogen und alles bleibt anders, aber anders wird es schon: endlich haben wir Platz genug und können unsere Lesungen & Diskussionen in unserem Buchladen veranstalten. Nach mehr als hundert Veranstaltungen in befreundeten fremden Räumen fand die erste Lesung am 5. Juni 2002 in unserem Laden im Weyertal 32 statt. Zu Gast war Ray Loriga.